Die Engellehre anhand der Schriften
der großen Theologen und des kirchlichen Lehramtes

Hl. Thomas von Aquin: Summa Theologiae

Hl. Thomas von Aquin: Summa Contra Gentiles

Die Gesamtheit der Theologie des Hl. Thomas besteht aus mehren Bänden. In der Wirklichkeit sind es fünf  Bände. In der Logik aber hat es der große Theologe in drei unterteilt:
1. Teil: Gottes Schöpfung und sein Wirken in der Schöpfung
2. Teil: Das menschliche Handeln: Dieser Teil ist wiederum unterteilt in 2 Unterteilen:
"1.Teil des 2.Teiles" : Das Wesen des Handelns an sich und
"2. Teil des 2 Teiles" : Die Tugenden, Urquelle des menschlichen Handelns
3. Teil: Gottes Handeln im einst menschlichen Christus und im verklärten Christus, der durch seine Sakramente wirkt. Dieser Teil ist ebenfalls unterteilt in
"3. Teil" und "Ergänzung"

 

 


Seine ganze Theologie hat der Theologe im Stil der einzelnen Fragestellung aufgebaut. Zuerst wird die Frage gestellt, dann  mit Gründen dagegen (1. 2. 3) beantwortet, darauf mit einem weiteren Grund dafür oder dagegen beantwortet (Anderseits), und schließlich mit einer Erörterung, der definiten ANTWORT, behandelt. Danach folgt noch die Entkräftung der nach der Fragestellung gegebenen negativen  Gründe (Zu 1. zu 2. zu 3. ...)

Die Engel finden sich in den  Fragen in der rechten Spalte:

1. Teil:
50. - 64. FRAGE: Die Engelwelt
50. FRAGE: Vom Wesen der Engel überhaupt
51. FRAGE: Das Verhältnis der Engel zu den Körpern
52.  FRAGE: Vom Verhältnis der Engel zum Ort
53.  FRAGE: Von der Ortsbewegung der Engel
54.  FRAGE: Von der Erkenntnis der Engel
55.  FRAGE: Von dem Erkenntnismittel der Engel
56.  FRAGE: Über die Erkenntnis der Engel im Bereich der unstofflichen Dinge
57.  FRAGE: Von der Erkenntnis der Engel hinsichtlich der stofflichen Dinge
58.  FRAGE: Von der Weise des Erkennens der Engel
59.  FRAGE: Vom Willen der Engel
60.  FRAGE: Von der Liebe oder Zuneigung der Engel
61.  FRAGE: Von der Hervorbringung der Engel zum Sein der Natur
62.  FRAGE: Von der Vollendung der Engel im Sein der Gnade und Herrlichkeit
63.  FRAGE: Von der Schlechtheit der Engel in bezug auf ihre Schuld
64.  FRAGE: Von der Strafe der bösen Geister
65. FRAGE, Artikel 3: Sind d. Körperdinge  unter Vermittlung d. Engel hervorgebracht?
65. FRAGE, Artikel  4 :Sind die Wesensformen der Körper von den Engeln?
75. FRAGE, Artikel 7: Ist die Seele von der selben Art wie der Engel?
88. FRAGE, Artikel 1: Kann die menschliche Seele d.  Stofflose durch diese selbst erkennen?
88. FRAGE, Artikel 2: Kann unser Verstand durch Stoffliches das Stofflose  erkennen?
90. FRAGE, Artikel 3: Ob die Vernunftseele unmittelbar von Gott hervorgebracht wurde
93. FRAGE, Artikel 3: Ob d. Engel vollkommener ein Ebenbild Gottes ist als d. Mensch
94. FRAGE, Artikel 2: Ob Adam im Unschuldsstande die Engel in ihrem Wesen geschaut hat
106-114 Von den Engeln in Wirkung auf die Schöpfung
106.  FRAGE: Wie ein Geschöpf das andere bewegt
107.  FRAGE: Von der Sprache der Engel
108.  FRAGE: Von den Stufen der Engel nach Rangfolgen und Chöre
109.  FRAGE: Von den Stufenordnungen der bösen Engel
110.  FRAGE: Das Walten der Engel über die körperliche Schöpfung
111.  FRAGE: Von der Einwirkung der Engel auf den Mensch
112.  FRAGE: Von der Sendung der Engel
113.  FRAGE: Vom Beschützeramt der guten Engel
114.  FRAGE: Von der Anfechtung der bösen Engel
2. Teil
Einzelaspekte der Engel in 1. Teil des 2. Teiles
3. FRAGE,  Artikel 7: Ob uns die Erkenntnis der Engel glücklich macht?
89. FRAGE,  Artikel 4: Ob ein guter oder schlechte Engel leicht sündigen kann?
98. FRAGE,  Artikel 3: Wurde das Alte Gesetz durch Engel gegeben?
Einzelaspekte der Engel in 2. Teil des 2. Teiles
5. FRAGE,  Artikel 1: Hatten Engel und Mensch in ihrer ursprünglichen Seinsweise Glauben?
5. FRAGE,  Artikel 2: Ist in den gefallenen Engeln (noch) Glaube?
25. FRAGE,  Artikel 10: Müssen wir die Engel aus der heiligen Liebe lieben?
25. FRAGE,  Artikel 11: Müssen wir die Dämonen aus heiliger Liebe lieben?
172. FRAGE,  Artikel 2: Ergeht die prophetische Offenbarung durch Engel?
3. Teil
Einzelaspekte der Engel in 3. Teil
8. FRAGE,  Artikel 4: Ist Christus als Mensch das Haupt der Engel?
11. FRAGE,  Artikel 4: War das eingegossene Wissen Christi geringer als das der Engel?
12 FRAGE,  Artikel 4: Hat Christus von den Engeln Wissen empfangen?
30. FRAGE,  Artikel 2: Musste der Maria die Botschaft durch einen Engel gebracht werden?
30. FRAGE,  Artikel 3: Musste der Engel bei der Verkündigung an Maria  sichtbar erscheinen?
36. FRAGE,  Artikel 5: Musste die Geburt Christi durch den Engel und den Stern verkündet w.?
59. FRAGE,  Artikel 5: Erstreckt sich die richterliche Gewalt Christi auf die Engel?
64. FRAGE,  Artikel 7: Können die Engel Sakramente spenden?
80. FRAGE,  Artikel 2: Kann nur der Mensch oder können auch die Engel dieses Sakrament geistig empfangen?
Einzelaspekte der Engel in  Ergänzung
16. FRAGE,  Artikel 3: Ist der Engel, der gute oder böse, für die Buße empfänglich?
76. FRAGE,  Artikel 2: Werden die Engel auf irgendeine Weise zur Auferstehung beitragen?
89. FRAGE,  Artikel 3: Müssen die Engel richten?
89. FRAGE,  Artikel 4: Vollstrecken die Dämonen ihr  Gerichtsurteil an den Verdammten?
95. FRAGE,  Artikel 4: Besitzen die Engel Brautgaben?
96. FRAGE,  Artikel 9: Gebührt den Engeln ein Siegeszeichen?
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aller Fragen: Sum. Theol.

ZWEITER TEIL, ZWEITER PART

5. FRAGE
DIE TRÄGER DES GLAUBENS

1. ARTIKEL

Hatten Engel oder Mensch in ihrer ursprünglichen Seinsweise Glauben?

1. Hugo von St. Victor sagt in seinen Sentenzen: ,,Da der Mensch nicht das Auge der Beschauung besitzt, so vermag er Gott und was in Gott ist nicht zu sehen." Hingegen besaß der Engel im Stande seiner ursprünglichen Seinsweise vor seiner Befestigung [in der Gnade] oder vor seinem Falle das Auge der Beschauung; denn er sah die Dinge im WORTE (Augustinus). Und ähnlich scheint der erste Mensch im Stande der Unschuld das offene Auge der Beschauung besessen zu haben; sagt doch Hugo von St. Victor in seinen Sentenzen: ,,Der Mensch erkannte", im Urstande, ,,seinen Schöpfer, nicht mit einer Erkenntnis, bei der durch äußeres Hören begriffen wird, sondern mit einer solchen, welche innerlich durch Eingebung dargeboten wird; nicht so, wie Gott jetzt, dem Gläubigen noch fern, im Glauben gesucht wird, sondern so, dass Er einleuchtender durch unmittelbare Beschauung wahrgenommen wurde." Also hatten weder Mensch noch Engel im Stande ihrer ursprünglichen Seinsweise Glauben.

2. Die Erkenntnis des Glaubens ist rätselhaft und dunkel, nach 1 Kor 13,12: ,,Wir sehen jetzt nur durch einen Spiegel in rätselhafter Weise:" Aber im Stande der ursprünglichen Seinsweise war weder im Menschen noch im Engel irgendwelche Dunkelheit; denn die Finsternis ist Strafe für die Sünde. Also konnte weder im Menschen noch im Engel im Stande der ursprünglichen Seinsweise Glaube sein.

3. Der Apostel sagt Röm 10,17: ,,Der Glaube kommt vom Hören." Solches aber hatte nicht statt in der ursprünglichen Seinsweise, weder des Engels noch des Menschen; denn es gab dort kein Hören von einem andern her. Also gab es in jenem Stande weder beim Menschen noch beim Engel Glauben.

ANDERSEITS sagt der Apostel Hebr 11,6: ,,Wer Gott naht, muss glauben." Der Engel aber und der Mensch waren in ihrer ursprünglichen Seinsweise im Zustande des Sich-Näherns zu Gott. Also bedurften sie des Glaubens.

ANTWORT: Einige behaupten, in den Engeln vor ihrer Befestigung [in der Gnade] und vor ihrem Fall, und im Menschen vor der Sünde habe es nicht Glauben gegeben, dank der deutlichen Beschauung, die sie damals von den göttlichen Dingen hatten. Da aber nach dem Apostel der Glaube ,,der Erweis von Dingen ist, die nicht einleuchten", und, wie Augustinus sagt, ,,vermöge des Glaubens solches für wahr gehalten wird, was man nicht sieht", so schließt nur jene Offenbarmachung die Bewandtnis des Glaubens aus, durch welche dasjenige, wovon es urgrundhaft Glauben gibt, einleuchtend oder zu Gesehenem wird. Urgrundhafter Gegenstand des Glaubens aber ist die Erstwahrheit, deren Schau zu Seligen macht und den Glauben ablöst. Da nun der Engel vor seiner Befestigung [in der Gnade] und der Mensch vor der Sünde nicht jene Seligkeit besaßen, in der Gott Seiner Wesenheit nach geschaut wird, so hatten sie offensichtlich keine so einleuchtende Erkenntnis, dass durch sie die Bewandtnis des Glaubens ausgeschlossen gewesen wäre. Wenn sie Glauben nicht gehabt hätten, so konnte dies demnach nur sein, weil ihnen das gänzlich unbekannt war, wovon es Glauben gibt. Wenn nun der Mensch und der Engel, wie manche behaupten, nur in der reinen Naturanlage geschaffen worden sind, so könnte man vielleicht begreifen, dass es beim Engel vor seiner Befestigung Glauben nicht gegeben hat, und ebenso nicht beim Menschen vor der Sünde; denn die Erkenntnis des Glaubens geht über die natürliche Erkenntnis von Gott hinaus, nicht nur beim Menschen, sondern auch beim Engel. Weil aber der Mensch und der Engel mit der Gnadengabe geschaffen worden sind (I 62, 3; 95, 1),so muss man sagen, dass vermöge der empfangenen und noch nicht völlig vollendeten Gnade in ihnen ein Anfang der erhofften Seligkeit gewesen ist; und zwar beginnt sie im Willen durch die Hoffnung und die Liebe, im Verstand aber durch den Glauben (4, 7). Demnach ist es notwendig zu sagen, dass der Engel vor seiner Befestigung Glauben gehabt hatte, und ebenso der Mensch vor der Sünde.

Man muss aber freilich im Auge behalten, dass im Gegenstand des Glaubens etwas als Formgebendes liegt, nämlich die Erstwahrheit, die über alle natürliche Erkenntnis der geschaffenen Wahrheit hinausragt; und etwas Stoffmäßiges, als solches, dem wir beistimmen, indem wir der Erstwahrheit anhängen. Was nun das erste davon angeht, so ist insgemein Glaube in allen, die Erkenntnis von Gott besitzen, aber noch nicht die künftige Beseligung erlangt haben, indem sie der Erstwahrheit anhängen. Hinsichtlich dessen aber, was stoffmäßig als zu glauben vorgelegt wird, ist von dem einen manches geglaubt, was von dem andern einleuchtend gewusst ist, auch im gegenwärtigen Zustande (1,5; 2,4 Zu 2.). Und demnach kann man auch sagen, dass der Engel vor seiner Befestigung und der Mensch vor der Sünde manches über die göttlichen Geheimnisse in einleuchtender Erkenntnis erkannt haben, was wir jetzt nur im Glauben zu erkennen vermögen.

Zu 1. Mögen auch die Aussprüche Hugos von St. Victor Meistersprüche sein und die Kraft einer Lehrautorität besitzen, so kann doch behauptet werden, dass die Beschauung, welche die Notwendigkeit des Glaubens behebt, [erst] die Beschauung der ewigen Heimat ist, in der die übernatürliche Wahrheit wesenhaft geschaut wird. Eine solche Beschauung aber besaß der Engel vor seiner Befestigung nicht, und auch nicht der Mensch vor der Sünde. Doch war ihre Beschauung höher als die unsrige, so dass sie, da sie in ihr Gott näher kamen, in die göttlichen Wirkungen und Geheimnisse offeneren Einblick erhielten, als wir es können. Demnach besaßen sie nicht den Glauben, durch welchen der ferne Gott derart gesucht worden wäre, wie Er von uns gesucht wird. Denn Er war ihnen durch die Leuchte der Weisheit in höherem Grade gegenwärtig, als Er es uns ist, wenngleich Er auch ihnen nicht in der Weise gegenwärtig war, wie Er den Seligen durch das Licht der Herrlichkeit ist.

Zu 2. Im Stande der ursprünglichen Seinsweise des Menschen oder des Engels gab es keine Dunkelheit aus Schuld oder Strafe. Jedoch haftete dem Verstand des Menschen und des Engels eine gewisse natürliche Dunkelheit an, sofern jedes Geschöpf dunkel ist, verglichen mit der Unermesslichkeit des göttlichen Lichtes. Und [schon] eine solche Dunkelheit genügt zur Bewandtnis des Glaubens.

Zu 3. Im Stande der ursprünglichen Seinsweise gab es kein Hören von einem äußerlich sprechenden Menschen her, aber von dem innerlich einsprechenden Gott, so wie auch die Propheten hörten, nach Ps 85 (84),9: ,,Ich will hören, was Gott, der Herr, in mir spricht."

2. ARTIKEL

Ist in den gefallenen Engeln noch Glaube?

1. Augustinus sagt: ,,Der Glaube hat seinen Bestand im Willen der Glaubenden." Der Wille aber, kraft dessen jemand Gott zu glauben gewillt ist, ist guter Wille. Da nun in den gefallenen Engeln keinerlei überlegter guter Wille ist (I 64, 2 Zu 5.), so scheint es in den gefallenen Engeln Glauben nicht zu geben.

2. Der Glaube ist ein Geschenk der göttlichen Gnade, nach Eph 2,8: ,,Durch Gnade seid ihr gerettet kraft des Glaubens: Gottes Gabe ist er." Die gefallenen Engel aber haben die Gnadengaben durch die Sünde eingebüßt, wie es steht in der Glosse über Hos 3,1: ,,Sie wenden sich andern Göttern zu und lieben Traubentreter" Also ist in den gefallenen Engeln nach ihrem Sündenfall kein Glaube zurückgeblieben.

3. Unglaube ist offensichtlich die schwerere unter den Sünden, wie durch Augustinus klargestellt ist in der Erklärung von Joh 15,22: ,,Wäre ich nicht gekommen und hätte ich nicht zu ihnen gesprochen, so hätten sie keine Sünde; nun aber haben sie für ihre Sünde keine Entschuldigung." In manchen Menschen nun ist die Sünde des Unglaubens. Wenn also in den gefallenen Engeln Glaube wäre, so wäre die Sünde mancher Menschen größer als die der gefallenen Engel. Dies aber scheint unangemessen. Also ist in den gefallenen Engeln kein Glaube.

ANDERSEITS heißt es in Jak 2,19: ,,Die bösen Geister glauben und zittern."

ANTWORT: Der Verstand des Glaubenden stimmt dem geglaubten Ding bei, nicht weil er es schaut — weder unmittelbar noch vermöge des Rückschlusses auf unmittelbar geschaute erste Ursätze —, sondern auf Geheiß des Willens. Dass aber der Wille den Verstand zur Beistimmung bewegt, kann aus zwei Gründen erfolgen. Einmal auf Grund der Hinordnung des Willens auf das Gute. Auf diese Weise ist Glauben ein Akt, dem Lob gebührt. Zweitens, weil der Verstand zu dem Urteil genötigt wird, es sei zu glauben, was [ihm] gesagt wird, auch wenn er nicht durch die Einsicht in den Sachverhalt dazu genötigt wird. So würde z.B., wenn ein Prophet kraft eines Spruches des Herrn etwas Künftiges vorausverkündigte und durch Erweckung eines Toten ein Wunderzeichen hinzufügte, der Verstand des Zuschauers auf Grund dieses Zeichens genötigt, zu erkennen, dass jene Aussage offensichtlich von Gott stammt, der nicht die Unwahrheit sagt, wenngleich das vorausgesagte künftige Ereignis in sich nicht einsichtig ist. Die Bewandtnis des Glaubens würde also dadurch nicht aufgehoben. Man muss demnach sagen, dass in den Christgläubigen der Glaube nach der ersten Weise Lob empfängt und es ihn in dieser Weise bei den bösen Geistern nicht gibt, sondern nur in der zweiten. Sie sehen nämlich viele offenkundige Anzeichen, aus denen sie entnehmen, dass die Lehre der Kirche von Gott ist, mögen sie auch ihrerseits die Dinge selbst, welche die Kirche lehrt, nicht schauen, z.B. dass Gott dreifaltig und Einer ist, oder sonst Derartiges.

Zu 1. Der Glaube der gefallenen Engel ist gewissermaßen erzwungen infolge der Offensichtlichkeit der Zeichen. Dass sie also glauben, hat nichts mit einem lobenswerten Willen ihrerseits zu tun.

Zu 2. Der Glaube als Gnadengabe macht, auch als unbeformter, den Menschen auf Grund eines dem Guten Zugetanseins zum Glauben geneigt. Demnach ist der Glaube in den gefallenen Engeln nicht Gnadengabe. Sie sind vielmehr vermöge der durchdringenden Kraft ihres natürlichen Verstandes zum Glauben genötigt.

Zu 3. Gerade dies missfällt den gefallenen Engeln, dass die Echtheitszeichen des Glaubens so einleuchtend sind, dass sie durch sie zum Glauben gedrängt werden. Dadurch also, dass sie glauben, vermindert sich in nichts ihre Bosheit.

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25. FRAGE
DAS OBJEKT DER LIEBE

10. ARTIKEL

Müssen wir die Engel aus der heiligen Liebe lieben?

1. Augustinus sagt: ,,Die Zuneigung der heiligen Liebe ist eine doppelte, nämlich zu Gott und zum Nächsten." Die Liebe zu den Engeln aber fällt nicht unter die Liebe zu Gott, weil sie geschaffen sind; auch scheint sie nicht enthalten zu sein in der Liebe zum Nächsten, da sie in der Art mit uns nicht übereinkommen. Also sind die Engel nicht mit der heiligen Liebe zu lieben.

2. Die Tiere kommen mehr mit uns überein als die Engel; denn wir und die Tiere stehen in derselben nächsthöheren Gattung [der Sinnenwesen]. Zu den Tieren aber haben wir nicht heilige Liebe. Also auch nicht zu den Engeln.

3. ,,Nichts eignet den Freunden so wie das Zusammenleben" (Aristoteles). Die Engel leben aber nicht mit uns zusammen; auch können wir sie nicht sehen. Also können wir mit ihnen nicht die Freundschaft der heiligen Liebe haben.

ANDERSEITS sagt Augustinus: ,,Wenn mit Recht der unser Nächster heißt, dem von uns oder von dem uns ein Dienst der Barmherzigkeit zu leisten ist, so ist es offenbar, dass in dem Gebot, kraft dessen wir den Nächsten lieben müssen, auch die heiligen Engel einbegriffen sind, die uns viele Dienste der Barmherzigkeit erweisen."

ANTWORT: Die Freundschaft der Gottesliebe gründet in der Mitteilung der ewigen Seligkeit, in deren Teilnahme die Menschen mit den Engeln übereinkommen; denn Mt 22,30 heißt es, dass ,,die Menschen bei der Auferstehung der Toten sein werden wie die Engel des Himmels". Also ist es klar, dass die Freundschaft der Gottesliebe sich auch auf die Engel erstreckt.

Zu 1. ,Nächster‘ heißt einer nicht nur auf Grund der Gemeinsamkeit der Art, sondern auch auf Grund der Gemeinsamkeit jener [von Gott] mitgeteilten Wohltaten, die im Zusammenhang mit dem ewigen Leben stehen; und in deren Mitteilung gründet die Freundschaft der Gottesliebe.

Zu 2. Die Tiere kommen mit uns in der nächsthöheren Gattung überein auf Grund der sinnenhaften Natur, nach der wir der ewigen Seligkeit gerade nicht teilhaftig sind; sondern [wir sind der ewigen Seligkeit teilhaftig ,nur] nach dem vernünftigen Geistgrund, in welchem wir mit den Engeln übereinkommen.

Zu 3. Die Engel leben nicht mit uns zusammen in äußerem Verkehr, der uns auf Grund. unserer sinnenhaften Natur zukommt. Doch leben wir geistig mit den Engeln zusammen; zwar in diesem Leben noch unvollkommen, vollkommen aber in der ewigen Heimat.

11. ARTIKEL

Müssen wir die Dämonen aus heiliger Liebe lieben?

1. Die Engel sind uns ,Nächste‘, weil wir mit ihnen übereinkommen im vernünftigen Geiste. Aber auch die Dämonen kommen in dieser Weise mit uns überein; denn die natürlichen Gaben bleiben bei ihnen unangetastet, nämlich Sein, Leben und Verstehen (Dionysius). Also müssen wir die Dämonen mit der heiligen Liebe lieben.

2. Die Dämonen unterscheiden sich von den seligen Engeln durch die Sünde, wie auch die sündigen Menschen von den gerechten. Die gerechten Menschen lieben aber die Sünder mit der heiligen Liebe. Also müssen sie auch mit derselben heiligen Liebe die Dämonen lieben.

3. Diejenigen, von denen wir Wohltaten empfangen, müssen wir als ,Nächste‘ mit heiliger Liebe lieben; wie das aus der oben (Art. 10 Anderseits) von Augustinus entlehnten Stelle hervorgeht. Die Dämonen sind uns aber in vielen Dingen nützlich, weil sie, ,,indem sie uns versuchen, unsere Krone bereiten" (Augustinus). Also müssen wir die Dämonen mit der heiligen Liebe lieben.

ANDERSEITS heißt es Jes 28,18: ,,Euer Bund mit dem Tod soll vernichtet werden und euer Vertrag mit der Hölle keine Geltung haben." Der Abschluss des Friedensvertrages und des Bundes aber geschieht durch die Gottesliebe. Also dürfen wir die Dämonen, die Bewohner der Hölle und die Anwälte des Todes, nicht mit der heiligen Liebe lieben.

ANTWORT: In den Sündern müssen wir aus heiliger Liebe die Natur lieben, die Sünde hassen. Mit dem Namen ‚Dämon‘ aber wird die durch die Sünde entstellte Natur bezeichnet. Also dürfen die Dämonen nicht mit der heiligen Liebe geliebt werden.

Wenn wir jedoch den Ausdruck nicht pressen und die Frage von jenen Geistern verstehen, welche Dämonen genannt werden, ob man diese mit der heiligen Liebe lieben müsse, so muss man nach dem vorhergehenden antworten, dass etwas in doppelter Weise aus heiliger Liebe geliebt wird. Einmal wie etwas, mit dem man Freundschaft hat. Und in dieser Weise können wir mit jenen Geistern nicht die Freundschaft der heiligen Liebe haben. Denn es gehört zur Bewandtnis der Freundschaft, dass .wir unseren Freunden Gutes wollen. Jenes Gut des ewigen Lebens aber, das die heilige Liebe im Auge hat, können wir jenen Geistern, die von Gott auf ewig verdammt sind, nicht aus heiliger Liebe wünschen; denn das würde der Gottesliebe widersprechen, mit der wir Seine Gerechtigkeit anerkennen.

In anderer Weise wird etwas geliebt wie etwas, dessen Erhaltung wir wünschen als ein Gut für den anderen; so lieben wir die, unvernünftigen Geschöpfe, indem wir wünschen, dass sie zur Ehre Gottes und zum Nutzen der Menschen erhalten bleiben. Und auf diese Weise können wir die Natur sogar der bösen Geister mit heiliger Liebe lieben; insofern wir wünschen, dass jene Geister in ihren natürlichen Gaben zur Ehre Gottes erhalten bleiben.

Zu 1. Der Geist der Engel kennt nicht jene Unmöglichkeit, die ewige Seligkeit zu besitzen, wie der Geist der Dämonen. Deshalb besteht die Freundschaft der Gottesliebe, die mehr in der Gemeinsamkeit des ewigen Lebens als in der Gemeinsamkeit der Natur gründet, zwar zu den Engeln, nicht aber zu den Dämonen.

Zu 2. Die sündigen Menschen haben in diesem Leben [immer] die Möglichkeit, zur ewigen Seligkeit zu gelangen. Diese Möglichkeit aber besteht nicht für die Verdammten in der Hölle; denn in bezug darauf ist es ,mit ihnen dasselbe wie mit den Dämonen.

Zu 3. Der Nutzen, der uns aus dem Wirken der Dämonen erwächst, liegt nicht in deren Absicht, sondern in. der Anordnung der göttlichen Vorsehung. Deshalb haben wir. keine Veranlassung, deswegen mit ihnen Freundschaft zu schließen, sondern nur dazu, dass wir Gott gegenüber unsere Freundschaft bewahren, der ihre verkehrte Absicht zu unserem Nutzen wendet.

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172. FRAGE
DIE URSACHE DER WEISSAGUNG

2. ARTIKEL

Ergeht die prophetische Offenbarung durch Engel?

1. Es heißt Wsh 7,27: Die Weisheit Gottes ,,tritt in heilige Seelen ein, macht sie zu Freunden Gottes und zu Propheten". Zu Freunden Gottes aber macht sie unmittelbar. Also macht sie auch unmittelbar zu Propheten, nicht durch Vermittlung der Engel.

2. Die Weissagung wird unter die freigewährten Gnadengaben gerechnet. Nun aber stammen die freigewährten Gnadengaben vom Heiligen Geist, nach 1 Kor 12,4: ,,Es gibt verschiedene Gnadengaben, aber nur einen Geist". Also erfolgt die prophetische Offenbarung nicht durch Vermittlung eines Engels.

3. Cassiodor sagt, die Weissagung sei eine ,,göttliche Offenbarung". Erfolgte sie aber durch Engel, so müsste es heißen: englische Offenbarung. Also geschieht die Weissagung nicht durch Engel.

ANDERSEITS sagt Dionysius: ,,Unsere ruhmreichen Väter haben die göttlichen Gesichte durch Vermittlung himmlischer Kräfte erlangt". Nun aber spricht er an jener Stelle von prophetischen Gesichten. Also geschieht die prophetische Offenbarung durch Vermittlung der Engel.

ANTWORT: ,,Was von Gott geschieht, ist geordnet" (Röm 13, 1). Nun sagt Dionysius ,,Die Ordnung der Gottheit bringt es mit sich, dass Sie die untersten Stufen durch mittlere Stufen vervollkommnet". Die Engel sind in der Mitte zwischen Gott und den Menschen, sofern sie an der Vollkommenheit der göttlichen Güte in höherer Weise teilhaben als die Menschen. Darum werden die göttlichen Erleuchtungen und Offenbarungen durch Engel an die Menschen niedergeleitet. Da die prophetische Erkenntnis auf Grund göttlicher Erleuchtung und Offenbarung erfolgt, ist offensichtlich, dass sie durch Engel geschieht.

Zu 1. Die übernatürliche Liebe, durch die ein Mensch Freund Gottes wird, ist eine Vollkommenheit des Willens, auf den nur Gott Einfluss nehmen kann. Die Weissagung aber ist eine Vollkommenheit des Verstandes, auf den auch ein Engel Einfluss nehmen kann (I 111, 1). Darum stimmt der Vergleich. nicht.

Zu 2. Die freigewährten Gnadengaben werden dem Heiligen Geist als dem ersten Ursprungsgrund zugeschrieben, der jedoch solcherlei Gnaden in den Menschen durch den vermittelnden Dienst der Engel bewirkt.

Zu 3. Die Tätigkeit des Werkzeugs wird dem Hauptwirkenden, in dessen Kraft das Werkzeug wirkt, zugeschrieben. Und weil ein Diener sich wie ein Werkzeug verhält, darum heißt die prophetische Offenbarung, welche durch den Dienst der Engel geschieht, göttliche Offenbarung.

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