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Die Engellehre anhand der Schriften
der großen Theologen und des kirchlichen Lehramtes

Das frühe Zwanzigste Jahrhundert

Die Engel werden bei Katholiken nicht in großen Traktaten beschrieben, sondern von einzelnen Menschen erlebt. In den Keisen der Evangelischen Kirche werden die Engel neuinterpretiert und entmythologisiert, von der Welt werden die Engel in der Weise der Metapher oder esoterisch wahrgenommen.

Die römisch-katholische Kirche

Der Stand der Engellehre: Mit Suárez war die letzte Angelologie geschrieben, welche die Engellehre weiter ausbildete. Damit war der höchste Entwicklungstand der Engellehre erreicht. In diesem Jahrundert wurde keine eigene Angelologie geschrieben. Doch bei der Bevölkerung war die Verehrung der Engel immer noch lebendig.
Besonders lebndig war die Ehrfurcht vor dem Schutzengel. Diese wurde gefördert durch Menschen, welche für heilig oder heiligmäßig angesehen wurden. So Gemma Galgani (1878-1903), eine ekstatische Visionärin und Stigmatisierte. Sie sah die Schutzengel anderer Menschen und auch ihren Schutzengel und lebte mit ihm vertraut, sie lobend oder auch tadelnd. Eine ebenfalls Stigmatiserte, Therese Neumann von Konnersreuth, konnte den Engel anderer Menschen sehen und von ihm hifreiche Informationen zur Beratung ihrer Besucher erkennen. Auch Pater Pio hat die Hilfe des Engels bei seiner Tätigkeit im Beichtstuhl erfahren, bis hin zur Dolmetschertätigkeit. Die Päpste Pius XI. (1922-1939) und Johannes XIII. (1958-1963) haatten vertrauten Umgang mit ihren Schutzengeln und erhielten von ihm Hilfe für die kirchenpolitische Tätigkeit. Wenn sie den eigenen oder den Schutzengel des Kontrahenten vor schwierigen Verhandlungen um Segen gebeten hatten, auf der Ebene der Engel ein bereinkommen auszuarbeiten, sei oft, so Johannes XIII., ein solches dann tatsächlich wider alle Erwartung oft auf der irdischen Ebene zustande gekommen. Derselbe Papst erzählte auch, der Gedanke zur Einberufung des Zweiten Vatikanischen Konzils sei ihm von seinem Schutzengel eingegeben worden.


Die protestantische Theologie

Der Stand der Engellehre: Die Situation ist bezüglich der Angelologie und Dämonologie alles andere als mit einer Stimme gesprochen. Die ,,fundamentalistischen" Gruppen des amerikanischen Protestantismus haben eine Dämonologie (viel eher als eine Angelologie) erneuert, die abergläubisch ist wie die mittelalterliche Folklore. Große Gruppen der liberalen Protestanten nehmen die gegenteilige Extremstellung ein und vertreten eine angeblich wissenschaftliche Auffassung von den Engeln und Dämonen. Die liturgische Bewegung, welche die himmlische Liturgie im Feiern des Gottesdienstes bejahte, bejaht eine bescheidene Angelologie, die der Haltung der Reformatoren und der allgemeinen katholischen Tradition sehr nahe steht. Doch außerhalb der christlichen Bewegungen war das Interesse an Engeln sehr niedrig.

Verschiedene protestantische Theologen versuchen, die Bedeutung der Angelologie und Dämonologie von neuem darzustellen. Einige nehmen die christliche liturgische Tradition und den Glauben der frühen Kirche als Fundament ihrer eigenen Gläubigkeit. Andere bemühen sich um einen neuen Weg, eine eigene reformierte Angelologie auszubauen.

Einige wichtige Schreiber dieser Zeit:  Paul Tillich (1886-1965) wagt sich an eine Neuinterpretation der Engel. Er bemüht sich um eine ontologische Auslegung der Engellehre. Die Engel und Teufel des Christentums sind nicht länger eigenständige Wesen, sondern Seinsstrukturen, Strukturen, durch die das Sein seine Möglichkeiten zum Ausdruck bringt. ,,In unserer Terminologie würden wir sagen, dass die Engel konkret-dichterische Symbole der Strukturen oder der Macht des Seins sind." Die Teufel sind Struktur-Gestalten der Kategorie des Dämonischen, wie die Engel Abbilder der Macht und Vollkommenheit des Seins darstellen. Sie sind gültige Abbilder und Figuren, insofern die wirklichen Dimensionen des Seins wahrhaft durch diese "Symbole" erfahren werden. Paul Tillich erweist nicht nur einen ernsten Mangel an historischem Sinn, wenn er Thomas von Aquin als Vorläufer seiner eigenen Meinung anführt, vielmehr ist seine rein "ontologische" Interpretation nahe daran, die Ursprünglichkeit der christlichen Offenbarung zu entwerten und die geistige und liturgische Erfahrung der Christenheit in eine romantische Gemeinschaft mit dem universalen ,,Grund des Seins" aufzuheben.

Der bedeutendste theologische Versuch, die Angelologie im Protestantismus zu erneuern, wurde von Karl Barth (1886-1968) unternommen. Der Traktat über die Schöpfung im dritten Teil seiner kirchlichen Dogmatik enthält einen langen Abschnitt über die Engel und einen viel kürzeren über die Teufel. Der konsequenteste und gründlichste Überblick einer Angelologie in der modernen Theologie findet sich sicher auf diesen Seiten. Die einzelnen Nuancen in Barths Denken ertragen es nur schwer, in eine Zusammenfassung gepresst zu werden. Barth übergeht ins einzelne gehende Fragen, die in der scholastischen Angelologie einen solch breiten Raum beanspruchten. Dafür versucht er, durch eine Besinnung auf die Schrift anhand biblischer Texte, die globale Bedeutung des Glaubens an die Engel, wie sie in der christlichen Offenbarung enthalten ist, zu bestimmen. Barth findet, dass die Schrift nicht das Sein der Engel definiert, sondern ihre Aufgabe des langen beschreibt: Sie sind die Bewohner und die Boten des himmlischen Königreichs. Sie bilden die Sphäre des Herrschaftsgebietes Christi, die Horizonte, in die seine Herrlichkeit schon ausstrahlt, noch bevor er im Fleisch auf diese Welt kommt. Dabei sind die Engel dann von Christus nicht mehr zu trennen. Wann immer Christus auf dieser Welt wirksam ist, kommt die Gesamtheit der Engel hernieder und ist daran beteiligt. Christus erfüllt seine Aufgabe in seiner eigenen Autorität als der ewige Sohn. Die Engel hingegen sind wesentlich ihm untergeordnet, sie wirken in der Autorität Christi als die kosmische oder transkosmische Dimension, wo der Sohn seine höchste Macht ausübt.

Die Dämonen sind in der Schrift die Gegner Christi, ,,Lügner von Anbeginn". Dies macht jede positive Definition oder Beschreibung ihrer Natur und ihrer Rolle unmöglich . Dass sie früher Engel waren, liest Barth nirgendwo in der Schrift. Die biblische Grundlage für den Fall Satans ist zu dunkel, um erfasst werden zu können . Ja, eine solche Annahme wäre nach Barth in sich widersprüchlich, denn die Engel sind der "Ruhm Christi" und eine solche ,,Glorie" kann nicht vergehen. Die Handlungen der Teufel können nur negativ beschrieben werden als eine lügnerische Nachahmung des himmlischen Königtums. Ihre Wirksamkeit ist ein Nicht-Königtum, ein falscher Himmel; ihr Sein ein falsches Sein, ihr Anspruch eine Lüge.

Die grundlegende Schwierigkeit bei Barth liegt in seiner Ablehnung, das Problem des Ursprungs des Teufels ernstlich zu betrachten. Es werden nicht nur wichtige Kapitel der Schrift unbeachtet beiseite geschoben, es ergibt sich noch ein weiteres Problem. Eine Dämonologie kann nicht christlich sein, ohne dass sie zur gleichen Zeit eine Theologie der Sünde und deshalb des freien Willens ist. Barth personalisiert die Macht des Antichrist, aber er vermeidet es, sich mit ihrem Ursprung oder mit dem Wesen ihrer Personalität auseinander zu setzen. Zu sagen, dass sie Nicht-Sein oder Nicht-Personen sind, ist eine rein verbale Lösung. Indessen wird das ganze Wesen des christlichen Lebens unterhöhlt; das Böse ist für die Kreaturen der Hölle keine Sache der freien Wahl mehr. Der ganze Begriff der Sünde muss dann revidiert und in einer ontologischen Weise erklärt werden.

Der Neutestamentler Rudolf Karl Bultmann (1884-1976) hat das Problem mit seiner These von der Notwendigkeit einer ,,Entmythologisierung" der Bibel auf den Punkt gebracht: ,,Erledigt ist durch die Kenntnis der Kräfte und Gesetze der Natur der Geister- und Dämonenglaube. Die Gestirne gelten uns als Weltkörper, deren Bewegung eine kosmische Gesetzlichkeit regiert; sie sind für uns keine dämonischen Wesen, die den Menschen in ihren Dienst versklaven ... Man kann nicht elektrisches Licht und Radioapparat benutzen, in Krankheitsfällen moderne medizinische und klinische Mittel in Anspruch nehmen und gleichzeitig an die Geister- und Wunderwelt des Neuen Testaments glauben." Bultmann wollte allerdings die mythische Rede nicht einfach eliminieren. Sie könne durchaus etwas aussagen, wenn man sich klarmache, dass es nicht die Absicht der Bibel war, ein bestimmtes Weltbild verbindlich zu setzen. Bei der Bibelauslegung komme es deshalb darauf an, die Wahrheit, die sich im Mythos ausspricht, aus ihrer zeitbedingten Verhüllung herauszuschälen und als eine Botschaft, die sich an die existentielle Glaubenssituation des Menschen wendet, für die jeweilige Zeit neu zu erschließen.


Die Engel in der Literatur und Kunst

Der Engel wurde im reichen Barocktheater in der Dichtung und im Drama zuerst als biblische Gestalt verwendet, später dann nur als Charakterfigur, und zum Übergang in das 20. Jhd  in der Dichtung als vom Christentum losgelöste Metapher. In dieser Art wurde er auch in der gemalten und geformten Kunst, der bildenden Kunst nun angewandt: so von Georges Rouault oder HAP Griesbacher. Manchmal ist diese Metapher noch dem biblischen Engel sehr nah oder gleich, wie bei Ernst Barlach, Marc Chagall, Lovis Corinth, Max Beckmann oder Paul Klee.

Die Außerkirchliche Förderung der Engelverehrung

Die Engel der Esoterik Leider hat die Religiöse Sehnsucht nach einer Gottesbegegnung eine außerkirchliche, außerchristliche Form gefunden: Die Esoterik. Da in der Esoterik die dem Kosmos innewohnende Kraft als Gott gesehen wird, werden die Engel als Kraftfelder, Feen, Medien oder überirdische, manchmal auch außerirdische Wesen gesehen.

Ein Erich von Däniken interpretiert die alten Götter-mythen als dunkle Erinnerungen an Besucher aus dem All und zieht auch die biblischen Engelgeschichten als Beweisstücke heran. Den ,,Sündenfall" der Göttersöhne, die sich mit den Menschentöchtern vermischten (Gen 6,1-4), deutet er als gen-technische Kreuzung von Außerirdischen mit Menschen; im seltsamen, bei Ezechiel beschriebenen Gottesgefährt, glaubt er ein Raumschiff zu erkennen und in den geflügelten Seraphim des Propheten Jesaja die naive Wiedergabe von Fortbewegungsapparaten außerirdischer Kosmonauten. Diese Haltlosigkeit derartiger Parallelen werden den alten Mythologien und den Geschichten in der Bibel zum Ausdruck kommen, in keiner Weise gerecht.

Beachtenswerter erscheint der Versuch des Biologen Rupert Sheldrake, eine Brücke zwischen der überlieferten Engellehre und der modernen Naturwissenschaft zu schlagen. Zusammen mit dem Theologen Matthew Fox fordert er eine ,,Resakralisierung"(was auch immer das sacrum ist!) der Erde und des ganzen Alls, da in allen Lebewesen ebenso wie in den scheinbar unbelebten Materie komplexe Aktivitätsstrukturen am Werk seien. Diese seien mit den Engeln gleichzusetzen, die man zu Recht schon im früheren statischen Weltbild als Lenken der Gestirne, der Pflanzen und aller Lebewesen auf der Erde gesehen habe; in Wirklichkeit seien sie sogar viel mehr, so Sheldrake, nämlich ,,morphogenetische [gestaltbildende] Felder", die Bewusstsein und Gedächtnis haben und in einem schöpferischen Prozess die Entwicklung des Universums vorantreiben. Er geht damit über Darwins Evolutionshypothese hinaus, die sich auf den Bereich der Biologie beschränkt hatte. Denn für Sheldnake und Fox ist das ganze Universum ebenfalls einem evolutionären Prozess unterworfen, der von einer Unzahl von Magnetfeldern gesteuert wird, die - wie das menschliche Gehirn - schöpferische Intelligenzen sind.


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