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Die Engellehre anhand der Schriften
der großen Theologen und des kirchlichen Lehramtes

Aussagen über die Engel in unserem Jahrhundert

 

Die Aussagen im Katolischen Erwachsenenkatechismus

2.2 Der Himmel die Hoffnung des Menschen

Schwieriger als die Erschaffung der Erde ist für uns heute die Erschaffung des Himmels zu verstehen. Was ist der Himmel? Für uns wie für die Bibel ist der Himmel zunächst das sichtbare Firmament, das sich über der Erde wölbt. Daneben findet sich auch noch in unserem heutigen Sprachgebrauch eine zweite Deutung. Wir sagen etwa, man fühle sich im Himmel, habe den Himmel auf Erden oder aber der Himmel sei wie verhangen. In dieser zweiten Bedeutung ist der Himmel der Bereich des menschlichen Strebens, Hoffens, Träumens, das alles Sichtbare, Greifbare, Berechenbare und Machbare übersteigt und ihm erst Weite, Höhe und Tiefe, Aussicht und Perspektive gewährt. Das meint auch das Credo, wenn es sagt, Gott habe zusammen mit der Erde, dem Sichtbaren, die Welt des Unsichtbaren geschaffen. Die Welt ist also mehr, als der Materialismus - der theoretische wie der praktische - meint. Der Materialismus verkennt die Höhe und Tiefe, den Reichtum und die Fülle der Wirklichkeit.

Für die Bibel besteht kein Zweifel daran, dass Gott allein der Himmel des Menschen, d.h. die Erfüllung seiner tiefsten Wünsche und Sehnsüchte ist. Himmel dort, wo Gott ist, wo man ihm begegnet und nahe ist. Nicht umsonst ist im Neuen Testament ,,Himmelreich" ein anderes Wort für ,,Gottesreich". Wenn das Credo sagt, Gott habe den Himmel geschaffen, dann meint es damit auch Wesen, die Gott besonders nahe stehen und ihn stets verherrlichen. In der Weihnachtsgeschichte ist von den himmlischen Heerscharen die Rede, die Gott loben: "Verherrlicht ist Gott in der Höhe" (Lk 2,14). Die Heilige Schrift und die kirchliche Glaubensüberlieferung nennen sie die Engel. Sie sind sozusagen die unsichtbaren Begleiter und Wächter der Sehnsüchte und Hoffnungen des Menschen.

Die Aussagen über die Engel begegnen heute vielen Einwänden und Verstehensschwierigkeiten. Ohne Zweifel drückt die Schrift die Lehre von den Engeln weithin in mythologischen Sprachformen und in den Vorstellungen der damaligen Zeit aus. Auch ist eine geschichtliche Entwicklung der Engelvorstellungen nicht zu bestreiten. In der christlichen Frömmigkeit wurden sie nicht selten verharmlost, verniedlicht und verkitscht. Ein ernsthaftes Sprechen über die Engel ist auch deshalb schwierig, weil wir dabei an Grenzen der menschlichen Aussagemöglichkeiten geraten. Das wussten auch die großen Lehrer der Kirche. Deshalb müssen wir mit Spekulationen über die Zahl, die Art, die Unterscheidungen und Ordnungen (Chöre) der Engel zurückhaltend sein. Auf der anderen Seite sollten wir freilich auch sehen, dass die Wirklichkeit umfassender und tiefer ist, als eine rationalistisch missverstandene Vernunft ahnt. Die Wirklichkeit hat ein Unten und ein Oben, ohne welche der Schöpfung Ganzheit, Fülle und Vollkommenheit fehlen würde. Sie wäre dann materialistisch verengt und hätte nicht jene geheimnishafte (numinose) Tiefe und Höhe, die auch viele Dichter und Denker erahnt haben. In der Bildersprache des Mythos drückt sich also eine wesentliche Dimension der Wirklichkeit aus, die rein begrifflich kaum zu fassen ist.

Das Zeugnis der Heiligen Schrift von der Existenz der Engel ist eindeutig. Es findet sich in der Bibel an sehr vielen Stellen.

,,Durch das Wort des Herrn
wurden die Himmel geschaffen,
ihr ganzes Heer durch den Hauch seines Mundes." (Ps 33,6)

,,Denn in ihm (Christus) wurde alles erschaffen im Himmel und auf Erden, das Sichtbare und das Unsichtbare, Throne und Herrschaften, Mächte und Gewalten.. .,, (Kol 1,16)

Neben dem Zeugnis der Heiligen Schrift ist vor allem das Zeugnis der Liturgie von Bedeutung. Die Engel kommen dort nicht nur am Rande vor, sie haben ihren Ort in der innersten Mitte der Liturgie, beim Sanctus innerhalb des eucharistischen Hochgebets. Gestützt auf solche Zeugnisse der Schrift, der Liturgie und der übrigen Überlieferung hat die kirchliche Lehrverkündigung die Existenz der Engel mehrfach amtlich bekundet (vgl. DS 455-457; 800; 3002; NR 288-290; 295; 316).

Was sind die Engel? Nach der Heiligen Schrift sind sie eindeutig Geschöpfe. Wir dürfen sie verehren, aber nicht anbeten (vgl. Dtn 17,3; Offb 22,8-9). In Anlehnung an die Bibel (vgl. Hebr 1,14) bestimmt sie das Glaubensbekenntnis als unsichtbare, d. h. geistige Schöpfung. Das heißt nicht, dass sie ohne jeden Bezug zur sichtbaren Welt sind und nur sporadisch in sie hineinwirken. Sie repräsentieren einzelne Bereiche der Schöpfung vor Gott.

Die ureigene Aufgabe der Engel ist die Verherrlichung Gottes. Immer wieder heißt es in der Heiligen Schrift: ,,Lobt den Herrn, ihr seine Engel" (Ps 103,20; vgl. 148,2; Dan 3,59). Im Sanctus der Liturgie stimmt die Kirche in das Dreimal-Heilig der Engel vor dem Thron Gottes ein (vgl. Jes 6,3; Offb 4,8). So verwirklichen die Engel das wichtigste Sinnziel der Schöpfung, die Verherrlichung Gottes. Die Engel sind aber auch in die Geschichte Gottes mit den Menschen einbezogen. Auch die Engel sind in Christus und auf Christus hin geschaffen (vgl. Kol 1,16). Deshalb sind sie nach den großen Lehrern der Kirche von Gott mit übernatürlicher Gnade ausgestattet. Sie sind in der Geschichte Gottes mit den Menschen Diener und Boten Gottes (vgl. Hebr 1,7). Besonders im Zusammenhang der Offenbarung Jesu Christi treten sie als deutende Boten auf (vgl. Lk 1,11-13.26-28; Mt 28,2-4; Apg 1,10-11). Schließlich sind die Engel personale Gestalten des Schutzes und der Fürsorge Gottes für die Gläubigen. In dem bekannten Psalm (und Kirchenlied) ,,Wer im Schutz des Höchsten wohnt" wird das Vertrauen und die Zuversicht in Gott auch damit begründet: ,,Denn er befiehlt seinen Engeln, dich zu behüten auf all deinen Wegen" (Ps 91,11; vgl. Gotteslob 291). So sind die Engel ,,dienende Geister, ausgesandt, um denen zu helfen, die das Heil erben sollen" (Hebr 1,14).

Ausgehend von solchen Aussagen hat sich in der Frömmigkeitsgeschichte der Kirche der Glaube herausgebildet, Gott habe jedem Gläubigen, ja jedem Menschen einen besonderen Schutzengel beigegeben. Diese Glaubensüberzeugung stößt heute, zumal in der verniedlichenden Form eines falschen Kinderglaubens, auf Skepsis. Sie hat indes - recht verstanden - einen Anhalt in der Aussage Jesu über die Kinder: ,,Ihre Engel im Himmel sehen stets das Angesicht meines himmlischen Vaters" (Mt 18,10). Sie bringt nochmals zum Ausdruck, dass die sichtbare Welt eine unsichtbare Tiefendimension besitzt und dass jeder einzelne Mensch, auch und gerade das kleine Kind, vor Gott einen unendlichen Wert besitzt. Die Engel sind uns Helfer und Bürgen dafür, dass unsere Hoffnung und Sehnsucht nicht ins Leere gehen, dass uns der Himmel offen steht.

In ganz anderer Weise kommt die Höhen- und Tiefendimension der Wirklichkeit in der biblischen und kirchlichen Überzeugung von der Existenz der bösen Geister, der Dämonen, des Satans bzw. des Teufels zur Geltung. Es gibt nicht nur Hüter und Wächter der menschlichen Hoffnung, sondern auch Neider, Feinde und Verführer, die die Sehnsucht und Hoffnung des Menschen verwirren, gewaltsam niederhalten oder ins Maßlose, ins Dämonische hinein übersteigern; es gibt den Teufel, den Vater der Lüge (vgl. Joh 8,44). Er ist der Versucher, der uns den Himmel vergällen und verstellen will.

Die Verstehensschwierigkeiten und Missverständnisse sind hier eher noch größer als bei den Engeln. Sicherlich ist die Sprache der Heiligen Schrift wie der kirchlichen Glaubensüberlieferung gerade hier zeit- und weltbildbedingt. Auf der anderen Seite ist die Existenz des Üblen, des Bösen, Destruktiven, Perversen, Monströsen, Absurden und nicht zuletzt des Diabolischen eine menschliche Erfahrungswirklichkeit wie der Eindruck, dass dieses Böse nicht nur Ausdruck und Folge menschlicher Freiheit ist, sondern eine kosmische Dimension besitzt. Der Horizont, biblisch gesprochen: der Himmel, in den hinein die menschliche Freiheit sich vollzieht, ist vorgängig zu unseren Entscheidungen verengt, verfinstert, verwirrt. Das Paradies ist uns wie durch Cherubim und mit loderndem Flammenschwert versperrt (vgl. Gen 3,24).

Das biblische Zeugnis deutet diese Situation in mythischer Bildersprache, will damit aber eine Realität bezeichnen, die rein begrifflich kaum zu fassen ist. Die bildhaften Aussagen vom zusammengestürzten Himmel, vom Engelsturz (vgl. 2 Petr 2,4; Jud 6), von den bösen Geistern in den Lüften, im Bereich zwischen Himmel und Erde (vgl. Eph 2,2; 3,10; 6,12) treffen die Situation des Menschen sehr genau. Sie deuten an, dass wir nicht nur gegen Menschen aus Fleisch und Blut zu kämpfen haben (vgl. Eph 6,12). Die bösen ,,Mächte und Gewalten" (vgl. Eph 1,21; Kol 2,15 u. a.) repräsentieren den Aufstand und Widerstand der Welt gegen Gott und seine Ordnung und damit zugleich das menschenfeindliche Wesen vieler Wirklichkeitsbereiche. Sie verderben Gottes gute Schöpfung und suchen dem Menschen auch im Bereich des Leiblichen zu schaden, bis dahin, dass sie von seinen körperlichen und seelischen Kräften Besitz ergreifen und den Menschen zutiefst von sich selbst entfremden können (Besessenheit). Als Herrscher dieser Welt (vgl. Joh 12,31; 14,30) und als Gott dieser Weltzeit (vgl. 2 Kor 4,4) vereiteln sie die Hoffnung und die Sehnsucht des Menschen, oder sie übersteigern diese ins Maßlose wie die Paradiesesschlange: ,,Ihr werdet wie Gott" (Gen 3,5). So ist der Teufel der Vater der Lüge (vgl. Joh 8,44). Er deutet die Wahrheit über den Menschen um; er vernebelt die an sich klare Unterscheidung zwischen Ja und Nein und verwirrt die von Gott gegebene Ordnung der Welt. Damit wird er für den Menschen zum Versucher, der freilich nur dann, wenn der Mensch ihm zustimmt, Macht über ihn gewinnen kann.

Macht und Ohnmacht der bösen Geister werden in der Bibel vor allem im Zusammenhang des Auftretens Jesu deutlich. Besonders das Markusevangelium beschreibt das ganze Leben und Wirken Jesu als Kampf mit dem Satan (vgl. Mk 1,23-28.32—34.39; 3,22-30 u. a.). Mit Jesus aber kommt der Stärkere, der den Starken besiegt. In ihm bricht die Herrschaft Gottes an, weil er in der Macht Gottes die Dämonen austreibt (vgl. Mt 12,28; Lk 11,18; 10,18). Weil Jesus Christus die bösen Mächte und Gewalten endgültig besiegt hat (vgl. Eph 1,21; Kol 2,15; Offb 12,7—12), ist Dämonenangst unchristlich. Vielmehr gilt: ,,Seid nüchtern und wachsam! Euer Widersacher, der Teufel, geht wie ein brüllender Löwe umher und sucht, wen er verschlingen kann. Leistet ihm Widerstand in der Kraft des Glaubens!" (1 Petr 5,8—9).

Die kirchliche Lehre liegt auf der Linie des Schriftzeugnisses. Denn soll das den Menschen unfrei machende Böse nicht von einem bösen, von Gott unabhängigen Urprinzip stammen, was dem christlichen Glauben an Gott, den allmächtigen Vater, zutiefst widerspräche, dann kann es nur auf Geschöpfe zurückgehen, die von Gott gut geschaffen, aber - wie das IV. Laterankonzil (1215) sagt - durch eigene Entscheidung böse geworden sind (vgl. DS 800; NR 295). Nach kirchlicher Lehre gibt es also nicht nur das Böse, sondern auch den Bösen bzw. die Bösen. Damit wird die katholische Lehre einerseits der menschlichen Erfahrung von der Abgründigkeit der Welt wie dem biblischen Zeugnis gerecht, andererseits kann sie damit die Bedeutung und den Einfluss der bösen Geister begrenzen: Sie sind trotz allem nur endliche, von Gott geschaffene und insofern bleibend von ihm abhängige Größen. Ihre unselige Herrschaft ist durch Jesus Christus gebrochen und wird durch das Wirken des Heiligen Geistes immer mehr überwunden. Die Hoffnung behält das letzte Wort.

Mit ,,Himmel und Erde" ist der Daseinsraum des Menschen abgesteckt und der Raum eröffnet, in dem sich die Geschichte Gottes mit dem Menschen abspielt. Alle Aussagen über die materielle Welt wie über die geistige Welt der Engel und Dämonen sind deshalb Rand- und Rahmenaussagen für dieses Zentrum der Glaubensverkündigung. Wir dürfen diese Aussagen darum nicht zum Zentrum oder zu einem um seiner selbst willen wichtigen Gegenstand der Verkündigung und des Glaubens machen. Umgekehrt dürfen wir die kosmische Dimension, die sich in ihnen ausspricht, nicht zugunsten einer anthropologischen Engführung übersehen. In der biblischen und kirchlichen Rede von den Engeln wie von den Dämonen geht es um die universal-kosmologische Dimension der Geschichte Gottes mit den Menschen. Sie erst gibt dieser Geschichte ihre Dramatik und ihre universale Dimension.


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