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Die Engellehre anhand der Schriften
der großen Theologen und des kirchlichen Lehramtes

Von der Neuzeit zum Beginn der Industrialisierung
- Die protestantische Theologie

Die Christen sind geteilt in katholisch und evangelisch, in begeisteter und zurückhaltender Engelverehrung. Doch mit der folgenden Zeit wächst wieder das Interesse am Engel, wenn auch außerhalb der Liturgie. Doch wie die Aufklärung greift, werden die Engel abgelehnt, bis zum Ausklang diese bewegten Zeit die Kirche offiziell die Engel wieder bejaht, aber auch außerkirchliche Strömungen die Engel neu erkären.

Die römisch-katholische Kirche

Der Stand der Engellehre: Mit Suárez war die letzte Angelologie geschrieben, welche die Engellehre weiter ausbildete. Damit war der höchste Entwicklungstand der Engellehre erreicht. Danach folgten nur noch historische Untersuchungen wie das dogmatische Werk von Denis Petau SJ (+1652) oder Kommentare zu den großen Scholastikern wie von Billuart (+1757), Johannes a S. Thoma (+1644) oder Salmanticenses oder M. Ferchius.
Doch die Verehrung der Engel nahm zu: Überall gründete man Michaels- und Engels-bruderschaften, die zur Verehrung der Engel anleiteten. Besonders die Schutzengel wurden als Seelenführer empfohlen. 1608 wurde das in Spanien entstandene Schutzengelfest   für die ganze Kirche übernommen (Fest bis 1970, heute Gedenktag).


Die protestantische Theologie

Die Zeit der Reformation

Der Stand der Engellehre: Die Existenz und die Engelbgriffe und die Begriffe der Dämonen waren fast wie in der katholischen Theologie angewendet. Doch Luther wie Calvin lehnten die spezifisch-scholastischen Spekulationen, d.i. alle philosophischen und theologischen Spekulationen aus nachbiblischer Zeit, über die Natur der Engel ab, sie beliesen es bei der biblischen Andeutung. So vermieden sie philosophische Probleme. Weil Dionysius als von der Bibel zeitlich weit entfernt angesehen wurde, vermieden die Reformatoren eine genauere Behandlung der Engelhierarchien.

Einige wichtige Schreiber dieser Zeit:  Jean Calvin (1509 - 1564) und Martin Luther (1438 - 1546)

Besonderheiten und nötige Wertungen: Calvin verneint die Meinung, dass die Berichte über Engelerscheinungen nur eine symbolische Ausdrucksweise für göttliche Eingebungen seien, und hält daran fest, dass die Engel von Gott mit der Aufgabe betraut sind, die Menschen zu beschützen und ihnen zu helfen. Er bezweifelt die Existenz eines Schutzengels, die Mithilfe der Engel im Bereich der Schöpfung, der Weltregierung Gottes, des Heilswirkens Christi, weil Gott allein alles tun könne und Christus keine Scharen immaterieller Geister als Verstärkung brauche.
Calvin sieht die verschiedenen Namen der Engelchöre als Ausdruck verschiedener Aspekte der Aufgabenbewältigungsarten ("Funktionen") der Engel. Doch er sieht die Engel als "einen edlen und hervorragenden Teil" der Schöpfung. Damit sah er den Glauben an die Engel als "höchst notwendig" an, wenn er auch den Kult der Engel verurteilte, weil er nicht unterschied zwischen Anbetung und Gebet um Hilfe oder anderen Kulten, die weniger sind als Anbetung.
Luther sah zwar weiterhin die Engel als Mitwirkende an der ordentlichen Gewalt Gottes bei der Regierung der Welt und im Leben der einzelnen, nannte sie sogar seine geistlichen Füher und hielt Michaelspredigten. Doch er bekämpfte die Idee, durch die Engel könnte man leichter Zugang zu Gott erlangen oder Gott durch ihre Verehrung gnädig stimmen, aber er betont sehr stark die Macht der gefallenen Engel.


Die Entwicklung der Engellehre im 17. Jahrhundert

Der Stand der Engellehre: Die Angelologie wurde auf der Linie Luthers wieder entfaltet. So arbeiteten evangelische und anglikanische Theologen daran, die Dämonologie auszubauen. So wurde das Hexenwesen und die Hexenvefolgung in beiden Kirchen, der katholischen wie der evangelischen gepflegt. Damit mussten auch die guten Engeln beschrieben werden.

Einige wichtige Schreiber dieser Zeit mit ihren Anliegen:

Girolamo Zanchi (1591) schreibt die "größte protestantische Angelologie", ein Werk über Engel und Dämonen,
Milton
beschreibt Engel und Dämonen mit ihren Wirksamkeiten (wie mit Eigenheiten, dass Engel z. B. sündigen und essen),
Heinrich More (um 1650)
beschreibt die Engel als Geister in schon wieder mehr philosophischer Art,
Bischof Hall (1574-1656)
beschreibt die unsichtbare Welt, darin mit über zwei Dritteln Engel und Dämonen,
Heinrich Lawrence (1646),
puritanischer Schriftsteller, stellt den Wert der Engellehre für die Frömmigkeit, heraus, sowie Richard Baxter( +1691) und John Wesley (1703-1791), der Initiator der methodistischen Bewegung,
Thomas Heywood (1636)
stellt dagegen das frühere Ansehen des Dionysius her, wie auch John Salked (1613).

Die Engel in der Literatur und Kunst

Der Engel wurde im reichen Barocktheater in der Dichtung und im Drama wie die Menschen verwendet. Ein Sprüche Dichter, Johannes Scheffler (1624-1677), sich selbst nach seiner Herkunft Angelus Silesius (=Schlesischer Engel) nennend, hat den Engl oft verwendet, wie z. B.: "Wer hier auf niemand sieht, als nur auf Gott allein, wird dort ein Cherub bei seinem Throne sein." (Daher lautet auch diese Sammlung "Cherubinischer Wandersmann").
Die Jesuiten spielten meist mit Engels und Teufelsfiguren ihre Dramen. Im Barocktheater stellte John Milton (1608-1674) den Teufel spychologisierend dar, Friedrich Gottfried Klopstock (1724-1803) als ohnmächtig und die Erlösung ersehnend, Goethe als Werkzeug der Welt. In England entstand die Dämonenfigur, eine chaotische, krankhafte, grausame und doch Erlösung lechzende Charakterfigur. Gegen Ende des 18. Jahrhunderts dichtet E.T:A. Hofmann noch phantastische Gedichte mit diesem Charakter.
Die Romantiker wollten das Engelbild wieder erneuern, so Julius Schnorr von Carlosfeld (1794-1872), der in seiner Bibel mit 240 Holzschnitten das Engelbild ganzer Generationen geprägt hat. Ebenso wirkte Gustave Doré (1832-1883).

Der Rückgang der Angelologie im 18. und 19. Jahrhundert

Der Engel wurde bei Schriftstellern und Dichtern wie Rainer Maria Rilke, Nelly Sachs, Franz Kafka, Else Lasker-Schüler, Max Frisch, Friedrich Durenmatt, Robert Walserals Metapher verwendet, eine Gestalt als ein Stilmittel, um die hintergründigen Dimensionen des menschlichen Daseins zum Ausdruck zu bringen. Dieser Metapher-Engel ist nicht mehr das christliche Engelbild! Dennoch haben diese Engelbilder noch das von Erschütterung, die eintritt, wenn ein Mensch der geheimnisvollen Wirklichkeit gewahr wird, die hinter seiner Alltagsexistenz liegt.

Ein fester Glaube an Engel und Teufel hielt sich im 18. und 19. Jahrhundert in der protestantischen Theologie. Der "orthodoxe" Protestantismus, insbesondere die protestantische "Scholastik" jener Periode, geht häufig auf die Lehre von den Engeln und Teufeln ein, wie sie vor und während der Reformation bestand.
Der amerikanische Protestantismus bezeugt in der Person des Jonathan Edwards, dem Theologen Neuenglands, ein wahrhaft theologisches Interesse an den Engeln.  Sein Anliegen war es, die Engel unter die Herrschaft Christi zu stellen. So gehören die Engel in jedes Christenleben nicht etwa durch einen allzu vertraulichen Umgang mit den Menschen, sondern vielmehr als Ergebnis ihrer Unterordnung unter Christus selbst. Nach Edward wurden die Engel dazu erschaffen, um Christus bei der Erlösung zu dienen. Der Fall der Teufel fand nach der Grundlegung dieser Welt statt. Damals ,,hatte Christus seinen Herrschaftsanspruch über die Welt übernommen". Satan jedoch weigerte sich, "in der Verachtung des Sohnes Gottes", ihm in seiner Menschennatur zu dienen. Die guten Engel wurden durch die Gnade gerettet. "Als sich Luzifer auf lehnte ... offenbarte sich Christus, der Sohn Gottes, als das Haupt der Gegner und erschien gnädig den auserwählten Engeln, um ihnen von dem Hinhören auf die Versuchung Luzifers abzuraten und sie davon abzuhalten. Schon daher ist Christus der Erlöser der erwählten Engel". Die Heiligung der Engel wurde endgültig bei der Himmelfahrt besiegelt. Sowohl in ihren Aufgaben wie auch in ihrer Beharrlichkeit sind die Engel "abhängig von der umfassenden Gnade Christi, die sie hält und ihnen bei ihrem Dienst beisteht". Es steht also nichts im Himmel und auf Erden außerhalb der alles umfassenden Gnade Christi.

Seher und Religionsstifter: Es finden sich von der Reformation bis heute nicht nur bei den Katholiken, sondern auch unter den Protestanten viele Männer und Frauen, die aufgrund ekstatischer Erlebnisse von Begegnungen mit guten und bösen Geister berichten. Zu ihnen gehören z. B. Friedrich Christoph Oetinger (1702-1782) aus dem schwäbischen Pietismus, sowie Heinrich Jung-Stilling (1740-1817), der durch seine ,Szenen aus dem Geisterreich‘ auf die Romantik einwirkte; beide beriefen sich auf visionäre Erfahrungen, die sie in einem halbbewußten Zustand niedergeschrieben haben.

Iim 17. Jhd war eine Bewegung aufgekommen, die im 18. Jahrhundert in voller Blüte stand und darauf ausging, den Glauben an die Dämonen und, in einer weiteren Stufe, an die Engel als Teil des christlichen Glaubensgutes abzulehnen. Calvin hatte die Spekulationen über die Hierarchien verurteilt. Auch die Lehre über die Schutzengel hielt er für zweifelhaft. Seine Zurückhaltung auf diesen Gebieten wurde nach und nach als Skeptizismus missverstanden. Im frühen 17. Jhd führt ein anglikanischer Kontroverstheologe, Andreas Willett, die Angelologie als ein Gebiet an, auf dem die ,,Papisten" und die Protestanten voneinander abweichen. Seine ,,Synopsis Papismi" erwähnt, dass die Hierarchien, die Schutzengel, die Verehrung der Engel ,,papistische" Glaubenslehren seien, die von den Protestanten abgelehnt werden. Dennoch wurde die Lehre von den Schutzengeln  von vielen gehalten, auch aus protestantischer Feder stammende Beschreibungen der Hierarchien kannte man, wenn auch weniger weit verbreitet. Eine kleine Gruppe von Sektierern, wie jene der ,,Familisten", dachte, dass die Engel der Schrift nichts anderes wären als die guten Gedanken der Menschen, während die Teufel ihre schlechten Gedanken seien. Doch war dies auf keinen Fall die spezifisch protestantische Betrachtungsweise.

Im Laufe des 19. Jahrhunderts änderte sich die Lage. Die Idee der Aufklärung unterzog  die religiösen Vorstellungen im Namen der Vernunft einer strengen, oft beißenden Kritik. Engel werden als "depotenzierte" (= entmachtete) Götter" der alten Völker begriffen, die auf  Schleichwegen in die Bibel eingedrungen sind. Die Gottes- und Engelerscheinungen wurden so in des Bereich des Märchchens und der frommen Legende, manchmal auch des Priesterbetruges verwiesen. Gott, der Schöpfer wurde nur noch im Bild des Uhrmachers gesehen.
Die  Engel waren also für die Theologie überflüssig. Daher behauptete der damalige Kirchenhistoriker Carl August von Hase (1800-1890), die Engel seien durch die "Subtilitäten der Scholastik" zu "metaphysischen Fledermäusen" geworden; in Wirklichkeit gehörten sie dem Bereich der Dichter und Maler an, die den Himmel sowenig ohne Engel darstellen könnten wie den Frühling ohne Blumen.

Ein so bedeutender Theologe wie Schleiermacher (1768-1834) lehnte in seinem großen Werk "Der christliche Glaube" die Lehre von den Dämonen ab, sie war für ihn lediglich eine menschliche, folkloristische Denkweise, die die biblischen Schriftsteller verwendet hatten, ohne ihre Wahrheit zu garantieren. Nicht so radikal war Schleiermacher in bezug auf die Engel. Der Glaube an sie verträgt sich mit der Schrift. Doch ist er in seinen Augen vollständig bedeutungslos für die grundlegenden Fragen des Christentums.

Diese Interpretation der Angaben der Schrift über die Engel und Teufel kennzeichnete den Beginn einer Haltung, die Karl Barth später eine ,,Angelologie des Schulterzuckens" genannt hat. In dieser Anschauung wird die Angelologie für den Glauben bedeutungslos. Die Engel und Dämonen der Bibel sind Symbole und Vergleiche. Wenn auch noch einige der Meinung sind, dass die Bibel eine positive Aussage über die himmlischen Wesen enthält, kommen sie jedoch in Verlegenheit, zu erklären, wie dies das christliche Leben berühren kann.  Andere gehen weiter und folgern, dass die Offenbarung über Engel und Dämone nichts lehre. Der Glaube an sie stelle einen abergläubischen Auswuchs an der Reinheit des Glaubens dar. Dieser Skeptizismus hat sich auf vielen Gebieten bis in unsere Tage erhalten.

Da in der Protestantischen Liturgie das Niedersteigen des Mysteriums des Wortes und der Heilsgeschichte, das zu den Menschen bei der Feier hier und jetzt herabsteigt, geleugnet wurde, wurde auch kein Bezug im Hinblick auf das himmlische Leben in dieser Feier mehr gesehen. Daher fehlten stets die Anwesenheit derer, die die Bibel als Bewohner des Himmels beschreibt. So wich vollkommen das Gefühl der Partizipation am Leben des Himmels. Damit verschwanden auch die Engel aus der Theologie.

Besondere Schwierigkeit mit den Engelsgeschichten ergaben sich seit dem Ausgang des 19. Jahrhunderts speziell für die Exegeten. Die Entzifferung durch die historisch-kritische Methode der mythologischen Literatur des Alten Orients machte immer deutlicher, wie die biblischen Geschichten und ihr Inhalt von der Erfahrung der jeweiligen religiösen Umwelt geprägt waren. Man entdeckte, dass selbst die frühen Engelgeschichten der Bibel, in denen die Begegnung mit Gott nur andeutungsweise erzählt wird, kein genuines Erzeugnis der jüdischen Religion waren, sondern aus kanaanäischen und mesopotamischen Mythen und lokalen Heiligtums-legenden stammten, bevor sie in den israelitischen Monotheismus integriert wurden.
Man entdeckte zeitgleiche außerbiblische Literatur des Judentums zum Neuen Testament, deren übermäßiges Interesse an Engeln und Dämonen ganz eindeutig auf persische Einflüsse zurückgeführt wurde. Dies führte zu einer radikalen ,,Entmythologisierung" der Heiligen Schrift.

Der wachsende Unglaube bezüglich Satans, der sich in weiten Teilen des Protestantismus findet, hat in der modernen wissenschaftlichen Denkweise einen mächtigen Verbündeten gefunden. Was das volkstümliche Denken früher dem Eingreifen der Dämonen zuschreiben konnte, gilt nun als durch ein wissenschaftliches Denken erklärbar. Soziologie, Anthropologie und Psychoanalyse haben in einem weiten Umfang viele scheinbar diabolische Vorgänge wegerklärt. Diese Aufklärung der volkstümlichen Gläubigkeit war durch die Übertreibungen der Folklore auf diesem Gebiet und durch ihre häufige Hinneigung zum Aberglauben gerechtfertigt. Doch ist die Naturwissenschaft als solche nicht in der Lage, die theologischen Gegebenheiten der Schrift und der christlichen Tradition zu verändern. Sie kann deshalb das Prinzip des christlichen Glaubens an die Engel und Dämonen nicht berühren.

 

Die Weisung des I. Vatikanischen Konzils

Es gibt noch mehr außer dem Stoff, der Materie, und Gott hat die Engel frei aus dem Nichts erschaffen.

 

Die Außerkirchliche Förderung der Engelverehrung

Die Alchimisten Der Aufbruch von Kunst und Wissenschaften im Zeitalter der Renaissance und des Barock war keineswegs geprägt vom Rationalismus allein, sondern häufig verbunden mit alchimistischen und astrologischen Spekulationen, in denen Geistwesen als Manifestationen göttlicher Energien eine große Rolle spielten. Gespeist wurden diese Strömungen von wiederentdeckten antiken Schriften (Hermes Trismegistus), in denen sich eine Reichhaltigkeit von pythagoreischen und ägyptischen, platonischen und gnostischen Weisheiten und Gedankengängen fand, aber auch von der jüdischen Kabbala, die damals in humanistischen Kreisen auf großes Interesse stieß. Ein extremes Beispiel für diese Tendenzen ist Agrippa von Nettesheim (1486-1535), der in seinem Werk ‚De occulta philosophia sive de magia‘ neben durchaus vernünftigen naturwissenschaftlichen Theorien die aus der Kabbala kommenden Gedanken vorträgt. So könne die Anrufung von Engeln und Dämonen durch die besondere Kraft ihrer Namen den Menschen zur Herrschaft über die Elemente und die Natur befähigen. Goethe hat die Stimmung jener Zeit zu Beginn seines Theaters ,Faust‘ eindringlich wachgerufen. Er zeigt dort den wissensdurstigen Gelehrten Dr. Faustus, der um höherer Erkenntnisse willen dem Teufel seine Seele verkauft haben soll.

Seher und Religionsstifter: Es gab auch außerhalb der beiden großen Kirchen eine Reihe von Visionären, die Neues über die Engelwelt vorzutragen wussten. Einer der großen Vertreter dieser Strömung ist Jakob Böhme (1575—1624). Ein gelernter Schuhmacher und später Autodidakt, gilt Böhme als großer Mystiker und großer deutscher Philosoph. Er sah den Kosmos als ein Spannungsfeld zwischen Gut und Böse und Gott selbst als die Einheit von Licht und Finsternis. Nach seiner Auffassung sind die Engel geformt durch Gottes Wort, geäußert oder gedacht, um ihm beim Regieren der Welt als seine Werkzeuge zu helfen. Es gibt unzählig viele Engel, eingeteilt in drei Bereiche und sieben Herrschaften. Jeder Bereich ist geleitet von einem Fürsten, nämlich Michael, Luzifer und Uriel. Luzifer ist die schönste Kreatur der Schöpfung. Alle himmlischen Kräfte sind in den Sternen, die er auch als Engel meint, präsentiert. So wirken in jedem Engelgeschöpf göttliche Kräfte, die einander ständig anstacheln und, lauschend auf die Musik der Ewigkeit, Impulse auch von außen empfangen und sich zum Gesang erheben. Für Böhme sind die Engel, wie der Mensch, nach Gottes Bild geschaffen und mit Händen, Füßen, Nasen und Mündern in menschlicher Erscheinungsgestalt, wenn auch ohne Zähne, da sie sich von den paradiesischen Früchten des machtvollen göttlichen Wortes ernähren.

Gleichzeitig zur Bewegung und dem Auftreten der rationellen Aufklärung kamen auch viele irrationale Tendenzen auf. Ein Beispiel dafür sind die Veröffentlichungen eines Emanuel von Swedenborg (1688-1772) über die Engel. Swegdenborg war schon berühmter Wissenschaftler, doch 1747 trat er nach einigen visionären Erlebnissen von seinem Amt am Bergwerkskollegium in Stockholm zurück, um der Menschheit die Offenbarungen mitzuteilen, die ihm von Engeln in einer spirituellen Kommunikation zugesprochen und zugesungen wurden. So habe er über die Engel erfahren, dass sie alle nichts anderes wären als verklärte, wiederauferstandene Menschen. Die Geschlechtlichkeit sei ihnen erhalten geblieben: Ein Mann werde ein männlicher Geist, eine Frau ein weiblicher Geist; und wenn sie einander auf Erden geliebt hätten, blieben Mann und Frau auch nach dem Tod durch die Verschmelzung der Seelen verbunden. Sie bestünden aus keiner materiellen Substanz, reflektierten daher nicht die Strahlen der Sonne und seien somit unsichtbar, könnten aber vorübergehend einen physischen Körper annehmen oder sich im spirituellen Auge eines Menschen zeigen.

Auch im 19. und 20. Jahrhundert gibt es geistige Strömungen, in denen die Engel einen wichtigen Platz einnehmen. Zu nennen wäre hier der aus dem Sektenmilieu der amerikanischen Pionierzeit kommende Joseph (Joe) Smith (1805-1844), Gründer der Mormonen, dessen Propagierung der Polygamie auf Engelspekulationen zurückgeht. Und es war ein Engel namens Moroni, der ihm eine Schrift auf goldenen Platten zeigte, die Smith übersetzte und 1830 als das ,Buch Mormon‘ herausgab. Einem anderen Milieu entstammten die medial ungewöhnlich begabte Helena P. Blavatsky (geb. von Hahn) und Henry Steel Olcott, die sich auf höhere Erleuchtungen durch Geisteroffenbarungen bei spiritistischen Sitzungen beriefen, als sie im Jahr 1875 in New York die ,,Theosophische Gesellschaft" gründeten. Ihre Theosophie (gr. Weisheit von Gott) ist eine Mischung aus altindischer und buddhistischer Mystik, gnostischen Spekulationen sowie den Lehren Jakob Böhmes und Swedenborgs.

Im deutschen Sprachraum bekannter geworden ist Rudolf Steiner (1861-1925), der eine Zeitlang zur Theosophischen Gesellschaft gehörte, bis er sich 1913 von ihr trennte, um seinen eigenen Einsichten zu folgen, die er als ,,Anthroposophie" (Weisheit vom Menschen) bezeichnete. Schon mit acht Jahren hatte er außersinnliche Wahrnehmungen von anderen Welten und Wesen, die andere Menschen nicht sehen konnten, erzählte jedoch lange niemandem davon. Um seine Weltschau auszubauen, befasste er sich mit Naturgeschichte, Mathematik, Philosophie, den Künsten, Architektur, Medizin, Pädagogik und Landwirtschaft und edierte und kommentierte die naturwissenschaftlichen Schriften Goethes. Aus seiner Praxis an der Schule der Waldorf-Astoria-Zigarettenfabrik in Stuttgart entwickelte er eine Erziehungsmethode, die heute weltweit an den Waldorfschulen angewandt wird.
Unbekümmert um die rationalistischen Zeitströmungen sprach Steiner in seinem Modell eines spirituellen Universums auch von den Engeln. Es sind nach ihm nichtmaterielle Geistwesen, die für den normalen Menschen unsichtbar, aber für den spirituellen Menschen erkennbar sind. Ihre Rangordnung ist der klassischen, neunstufigen Engelhierarchie sehr ähnlich, da die Seraphim, Cherubim und Throne die höchste Stufe bilden. In der untersten Triade sind besonders wichtig die Archai (Urkräfte), deren Aufgabenbereich die Beziehungen der Gesamtmenschheit zur Erde sind. Sie verändern ihre spirituellen Körper von einem Zeitalter zum anderen und sind eigentlich das, was man ,,Zeitgeist" nennt. Die Erzengel, ,,Söhne des Feuers", sind für die Entwicklung der jeweiligen ,,Seele" der Zivilisationen und Völker ebenso zuständig wie für die Beziehungen zwischen diesen Gesamtseelen und den Individuen. Die einfachen Engel hingegen kümmern sich um die Einzelmenschen. Ihr Einfluss ist in der Kindheit am stärksten. Wenn dann die Gründung einer Familie und die berufliche Karriere im Vordergrund des Denkens stehen, treten sie zurück, um die Entwicklung persönlicher Freiheit und Individualität nicht zu behindern. Danach bemühen sie sich, ihre Schutzbefohlenen wieder zur Ganzheit zu führen, indem sie ihnen helfen, die spirituellen Aspekte des Lebens zu verstehen.
Neben den Geistwesen, welche die Entwicklung des Menschen und der Menschheit fördern, gibt es nach Steiner aber auch ambivalente Kräfte verschiedener Art. Die einen, mit ,,luziferischem" Charakter, drängen die Menschen zu ungezügelter Selbstverwirklichung im geistigen Bereich, während andere, die Steiner mit dem persischem Ausdruck ,,ahrimanisch" bezeichnete, die Menschen in einem materialistischen, erdhaften Denken festhalten wollen. Der einzelne braucht beide, muss deren Einfluss aber im Gleichgewicht halten, um seinen spirituellen Egoismus durch den Sinn für die Realitäten des Lebens und der Mitmenschen zu zügeln.
Steiner äußert sich auch über den Abfall der Engel und ihre Erlösung durch Christus. Er nennt Michael als den Engel unseres Zeitalters.


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Die Weisung des I. Vatikanischen Konzils

DIE ALLGEMEINE 1. KIRCHENVERSAMMLUNG IM VATIKAN, 3. SITZUNG (1870)

LEHRENTSCHEID ÜBER DEN KATHOLISCHEN GLAUBEN

Die Kirchenversammlung im Vatikan ist die große Stellungnahme der Kirche zu den Irrwegen des 19. Jahrhunderts. Gegenüber dem Materialismus (der Lehre, es gebe nur Stoffliches) und dem Pantheismus (der Lehre, die Welt sei Gott) in allen ihren Formen musste zuerst die Grundwahrheit von Gott, dein Schöpfer Himmels und der Erde, dargelegt werden, sodann die wahre Lehre vom Sinn der Schöpfung. Das ist der Inhalt des ersten Kapitels und der entsprechenden Lehrsätze. Das erste Kapitel hat sich in der Lehre von der Schöpfung eng an die Entscheidung der IV. Kirchenversammlung im Lateran angeschlossen.
Das Konzil spricht das "Ausgeschlossen aus der Gemeinschaft der Kirche seien die", welche "behaupten, dass es außer der Materie nichts gäbe", die da glauben, dass die körperlichen und geistigen Geschöpfe sich von Gott "durch Emanation" oder durch "Evolution" ableiten oder dass Gott das "universale oder unbegrenzte Sein" aller Dinge sei, die behaupten, dass die materiellen und geistigen Geshöpfe nicht "aus dem Nichts" und "frei" geschaffen wurden.

1. Kapitel: Gott, der Schöpfer aller Dinge

Gott

Die heilige, katholische, apostolische, römische Kirche glaubt und bekennt: Einer ist der wahre und lebendige Gott, der Schöpfer und Herr des Himmels und der Erde, allmächtig, ewig, unermesslich unbegreiflich, an Verstand, Wille und an aller Vollkommenheit unendlich. Da er ein einziges, für sich bestehendes, ganz einfaches und unveränderliches geistiges Wesen ist, muss man ihn als wirklich und wesentlich von der Welt verschieden verkünden, als in sich und aus sich ganz glücklich und über alles unaussprechlich erhaben, was außer ihm ist und gedacht werden kann.

Die Schöpfung

Dieser allein wahre Gott schuf aus seiner Güte und mit allmächtiger Kraft — nicht um seine Seligkeit zu mehren, noch um sich Vollkommenheit zu erwerben, sondern um seine Vollkommenheit zu offenbaren durch die Güter, die er den Geschöpfen mitteilt — in freiestem Willensentschluss zu Beginn der Zeit aus Nichts in gleicher Weise beide Ordnungen der Schöpfung, die geistige und die körperliche, d. h. die Engelwelt und die irdische Welt, und dann die Menschenwelt, die gewissermaßen beide umfasst, da sie aus Geist und Körper besteht.

Die Vorsehung

Alles, was Gott schuf, schützt und leitet er mit seiner Vorsehung »kraftvoll von einem Ende zum andern reichend und alles mit Milde ordnend« (Weish 8,1). »Es liegt ja alles bloß und offen vor Seinen Augen« (Hebr 4,13), auch das, was durch die freie Handlung der Geschöpfe geschehen wird.

LEHRSÄTZE

Gott der Schöpfer aller Dinge

1. Wer den einen wahren Gott, den Schöpfer und Herrn der sichtbaren und unsichtbaren Dinge leugnet, der sei ausgeschlossen.

2. Wer sich nicht schämt, zu behaupten, außer dem Stoff gebe es nichts, der sei ausgeschlossen.

3. Wer sagt, die Substanz oder Wesenheit Gottes und aller Dinge sei ein und dieselbe, der sei ausgeschlossen.

4. Wer sagt, sowohl die körperlichen wie die geistigen endlichen Dinge oder wenigstens die geistigen seien aus der göttlichen Substanz erflossen, oder die göttliche Wesenheit werde durch ihre Offenbarung oder Entwicklung die Wirklichkeit aller Dinge,
oder endlich: Gott sei das Allgemeine oder Unbestimmte, das durch Bestimmung seiner selbst die Gesamtheit aller Dinge, in Arten, Gattungen und Einzelwesen gesondert, begründe, der sei ausgeschlossen.

5. Wer nicht bekennt, dass die Welt und alle Dinge, die in ihr enthalten sind, geistige wie körperliche, nach ihrer ganzen Substanz von Gott aus dem Nichts hervorgebracht worden sind,
oder wer sagt, Gott habe nicht mit freiem Willen ohne alle Notwendigkeit geschaffen, sondern so notwendig, wie er sich selbst notwendig liebt,
oder wer leugnet, die Welt sei zur Verherrlichung Gottes geschaffen, der sei ausgeschlossen.
  [D1782-1784+ 1801-1805 = DS3001-3003 + 3022-3025; NR315-322]


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